Kapitel H

Armut und soziale Sicherheit

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Kapitel H

Armut und soziale Sicherheit

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Indikator H8
Arbeitslosengeld und Notstandshilfe

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Gleichstellungsziele

Sicherung des Zugangs zu Sozialleistungen für Frauen

Im Jahresdurchschnitt 2020 sind in Wien rund 64.000 Frauen und 85.000 Männer erwerbsarbeitslos gemeldet (wobei darauf hinzuweisen ist, dass Personen, die keinen Anspruch auf Leistungsbezug haben, bei den registrierten Arbeitslosen untererfasst sind). 81% der erwerbsarbeitslosen Frauen und 85% der erwerbsarbeitslosen Männer erhalten als Leistung zur Existenzsicherung Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe. Der Frauenanteil unter Bezieher*innen des Arbeitslosengeldes liegt mit 41% etwas unter dem Frauenanteil der Erwerbsarbeitslosen (43%). Der Frauenanteil unter den Notstandshilfebezieher*innen entspricht mit 43% dem Frauenanteil unter allen Erwerbsarbeitslosen.

Bei der Ablehnung von Leistungen – etwa bei fehlender Erfüllung der Anwartschaft, d.h. nicht ausreichenden Versicherungszeiten – nach Geschlecht zeigen sich nur geringfügige Unterschiede zum jeweiligen Anteil an den Leistungsbezieher*innen. Der Frauenanteil ist bei den Ablehnungen von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe leicht höher als beim Erhalt der Leistungen (Arbeitslosengeld: Frauenanteil 41%, Ablehnung: 43%; Notstandshilfe: Frauenanteil: 43%, Ablehnung: 44%).

Gegenüber 2012 hat sich die Zahl der Leistungsbezieher*innen bei Erwerbsarbeitslosigkeit von insgesamt 73.000 auf 106.000 im Jahr 2015 und auf 125.000 deutlich erhöht, der Anstieg von 2011 auf 2020 beträgt 71%. Dies ist durch Veränderungen des Anteils der Erwerbsarbeitslosen, die Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe beziehen zu erklären, jedoch müssen auch die Entwicklungen am Arbeitsmarkt mitberücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere für das erste Jahr der Covid-19-Krise 2020. So hatte sich davor die Erwerbsarbeitslosigkeit in Wien durch die gute Konjunkturlage zwischen 2017 bis 2019 reduziert, stieg dann jedoch mit Krisenbeginn stark an. Im April 2020 war der relative Zuwachs der Erwerbsarbeitslosigkeit doppelt so groß wie in der Finanzkrise 2009 (Mayerhofer 2021). Die Bezieher*innen von Arbeitslosengeld sind zwischen 2015 und 2020 sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern um 28% gestiegen. Auffällig ist diese Entwicklung bei der Notstandshilfe, hier sind die Bezieherinnen um 26% gestiegen, die Bezieher dagegen nur um 4%.

Nachdem die Anteile der Leistungsbezieher*innen an allen erwerbsarbeitslos gemeldeten Personen von 2012 auf 2015 gestiegen sind (bei Männern von 83% auf 87% und bei Frauen noch etwas stärker von 76% auf 82%) sind sie 2020 wieder geringfügig gesunken: Bei Frauen um einen Prozentpunkt auf 81%, bei Männern um 2 Prozentpunkte auf 85%.

Die geschlechtsspezifischen Anteile der Leistungsbezieher*innen haben sich über die Jahre angenähert. Dies liegt u.a. daran, dass mit 1.7.2018 die Anrechnung der Partner*inneneinkommen in der Notstandshilfe aufgehoben wurde. Davor wurde das Einkommen der Partnerin bzw. des Partners, unter Berücksichtigung von Freibeträgen, bei der Gewährung der Notstandshilfe berücksichtigt. Dadurch reduzierte sich der Notstandshilfebezug bzw. hatte dies häufig sogar den Wegfall des Leistungsanspruchs v.a. von Frauen zur Folge. Es ist anzunehmen, dass sich durch den Entfall dieser Regelung sowohl die Zahl der Anspruchsberechtigten als auch die Höhe der Leistung erhöht (Woltran 2018).

Dies wird auch bei einem Blick auf die Ablehnungsquoten im Zeitverlauf deutlich: so lag der Frauenanteil bei Ablehnungen der Notstandshilfe 2012 bei 68%, 2015 bei 66% und 2020 bei 44%. Der Frauenanteil bei Ablehnungen vom Arbeitslosengeld ist ebenfalls, wenn auch weniger stark, gesunken: 2012: 49%, 2015: 44%, 2020: 43%.