Kapitel H

Armut und soziale Sicherheit

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Armut und soziale Sicherheit

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Indikator H10
Kinderbetreuungsgeld

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Gleichstellungsziele

Sicherung des Zugangs zu Sozialleistungen für Frauen

Das Kinderbetreuungsgeld soll Eltern den Betreuungsaufwand für Kleinkinder während der meist notwendigen beruflichen Einschränkung (Karenz) (teilweise) abgelten. Beim Kinderbetreuungsgeld handelt es sich um eine sogenannte universelle Sozialleistung: sie wird – im Gegensatz zu den bedarfsgeprüften Leistungen – bei Eintritt eines Leistungsfalles, hier die Geburt eines Kindes, gewährt und ist nicht von der Bedürftigkeit (Einkommenshöhe vor der Karenz, Notlage oder ähnliches) abhängig.

Die bis 2017 geltenden fünf Varianten des monatlichen Kinderbetreuungsgeldes überließen die Entscheidung den Eltern, ob sie eine kürzere und höhere finanzielle Unterstützung oder aber eine längere und dafür niedrigere Unterstützung wählen, ebenso wie die Entscheidung, ob und wie sich die Eltern die Kinderbetreuungszeit und damit das Kinderbetreuungsgeld teilen. Wenn die Mutter oder der Vater allein das Kinderbetreuungsgeld beansprucht, verfällt der Anspruch der Partnerin oder des Partners.

Laut der aktuellsten Daten vor der Reform 2017, war die von Eltern der im Jahr 2017 geborenen Kinder am häufigsten gewählte Art des Kinderbetreuungsgeldes die 30+6 Variante, die eine Berufsunterbrechung oder -einschränkung von maximal 30 Monaten eines Elternteils und von mindestens sechs Monaten für den zweiten Elternteil vorsah (Anteil 37%). Am zweithäufigsten wurde mit 33% die 20+4 Variante gewählt, dann folgte mit einem deutlich geringeren Anteil von 17% das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld. Dies umfasst eine Unterstützungsdauer von bis zu zwölf Monaten für einen Elternteil und mindestens zwei Monaten für den zweiten Elternteil mit 80% der Letzteinkünfte (bis maximal Euro 2.000,-), was (meist) eine höhere Existenzsicherung und kürzere Berufsunterbrechungen gegenüber anderen Varianten bedeutete. Die beiden kürzeren Pauschalvarianten, 15+3 Variante und 12+2 Variante, wurden nur von 8% bzw. 6% der Eltern gewählt.

In all diesen Varianten ist der Männeranteil der Kinderbetreuungsgeld-Bezieher*innen niedrig: 2020 sind insgesamt 92% der Bezieher*innen Frauen. Bei den kürzeren Varianten mit höherer Leistung liegt der Männeranteil mit 9% (einkommensabhängiges Modell) bzw. 10% (Variante 12+2) etwas über dem Gesamtanteil von 8%, bei den längeren Pauschalvarianten beträgt er lediglich 7%. Dieser geringe Männeranteil ist sowohl auf die geringere Inanspruchnahme durch Männer als auch auf ihre in der Regel deutlich kürzere Dauer des Bezugs zurückzuführen. Werden die abgeschlossenen Kinderbetreuungsgeldfälle des Jahres 2017 dahingehend untersucht, ob sich der Vater mit mindestens zwei Monaten beteiligt hat (unabhängig von der Dauer der Inanspruchnahme), zeigt sich, dass weniger als ein Drittel der Väter (27%) zumindest zwei Monate Kinderbetreuungsgeld (in allen Varianten) in Anspruch nahm. Bei den vier Pauschalvarianten ist der Anteil immer geringer als ein Drittel, bei den längeren Varianten sogar geringer als ein Viertel. Nur im einkommensabhängigen Modell liegt der Anteil der Väter, die zumindest zwei Monate Kinderbetreuungsgeld in Anspruch nahmen, mit 36% über einem Drittel. Viele Väter üben während des Bezugs von Kinderbetreuungsgeldes weiterhin eine Nebenbeschäftigung aus und zwar fast ausschließlich bei den alten Arbeitgebern*innen (vgl. Mazal et al. 2021, S. 25). Die Erwerbstätigkeit der Väter in der Karenzzeit wird, wie eine laufende Studie zeigt, überwiegend durch die Teilzeitarbeit von Müttern ermöglicht, welche im Bedarfsfall die Kinderbetreuung übernehmen (vgl. Maurer 2021).

Zwischen den ausgewählten Monatsstatistiken aus den Jahren 2013, 2016 und 2017 haben sich die Anteile der Inanspruchnahme der verschiedenen Kinderbetreuungsgeld-Varianten in unterschiedliche Richtungen verschoben, ein eindeutiger Trend ist nicht erkennbar. Die Geschlechterverhältnisse beim Bezug der Leistung haben sich dagegen kaum verändert. Nachdem das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld von 2013 zu 2016 an Bedeutung gewonnen hat (Anstieg von 21% auf 26%), ist der Anteil 2017 sogar wieder unter den Wert von 2013 gesunken und liegt nur mehr bei 17%. Die langen Pauschalvarianten haben wieder mehr an Bedeutung gewonnen. Die Väterbeteiligung bei den Kinderbetreuungsgeldfällen des Kalenderjahres 2017 (Daten von 2020) ist sogar wieder gesunken (27% gegenüber 30% im Jahr 2016). Längere Berufsunterbrechungen oder Einschränkungen der Arbeitszeit für die Betreuung von Kleinkindern bleiben mit wenigen Ausnahmen Frauensache. Dies geht auch mit der finanziellen Abhängigkeit während dieser Phasen vom Einkommen der Partner, insbesondere bei den längeren Pauschalvarianten, einher.