Kapitel L

Gesundheit

Titelbild Kapitel

Kapitel L

Gesundheit

Titelbild Kapitel

Indikator L1
Gesundheitliche Risikofaktoren

Icon für Kapitel L

Gleichstellungsziele

Verbesserung des Zugangs von Frauen zum Gesundheitssystem

Aufbau von Gesundheitskompetenz (Health Literacy)

Verankerung von Gender-Medizin

2019 geben 19% der Männer und 17% der Frauen an, starkes Übergewicht zu haben. Ab 45 Jahren sind mind. 20% der Frauen und Männer betroffen. Unter Frauen zwischen 60-64 Jahren steigt die Prävalenz sogar auf 41%. 18% der befragten Frauen und 28% der Männer rauchen regelmäßig. Einen riskanten Alkoholkonsum geben 7% der Frauen und 15% der Männer an, und ca. die Hälfte aller Männer (49%) und Frauen (56%) ist körperlich inaktiv.

Übergewicht ist bildungsabhängig: Insbesondere Menschen mit Lehre-, Pflichtschulabschluss aber auch mit Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule sind von Übergewicht betroffen (26-27% der Frauen und 23% der Männer); bei Frauen mit Universitätsabschluss sind es 7% und bei Männern 11%. 25% der jungen Männer unter 29 Jahren geben an, täglich zu rauchen; bei Frauen derselben Altersgruppe beträgt der entsprechende Anteil 13%. In der Gruppe der 30 bis 44-jährigen Frauen wird ähnlich wie bei den 45-59-jährigen zu 23% bzw. 25% geraucht. Männer zwischen 30-44 hingegen rauchen zu 38%, und zwischen 45-59 zu 30%. Erst in der Gruppe der älter als 65-Jährigen nimmt das tägliche Rauchverhalten bei beiden Geschlechtern signifikant ab und liegt für Frauen bei 7% und für Männer bei 12%.

Problematisches Trinkverhalten kommt bei ca. jedem 5. Mann ab 45 vor (18%); hingegen kommt problematisches Trinkverhalten höchstens bei jeder 10. Frau ab 60 Jahren vor; darunter bei 6%. In der Altersgruppe der 15-29-jährigen Männer weisen 15% ein problematisches Trinkverhalten auf, bei Frauen derselben Altersgruppe sind es 6%. Auch hier spielt Bildung eine Rolle: ein problematischer Alkoholkonsum ist eher unter Männern mit einem BMS/AHS Abschluss, sowie mit Universitätsabschluss festzustellen (17%, 21% und 19%). Am niedrigsten ist der Alkoholkonsum bei Frauen mit Pflichtschulabschluss (1%).

2007 waren Frauen und Männer gleichermaßen von Übergewicht betroffen (13%). Bei den Frauen stieg der Anteil 2014 auf 14% und 2019 auf 17%, während bei den Männern der Anteil auf jeweils 17% und 19%, also im selben Zeitraum etwas schneller, stieg.

Knapp die Hälfte aller Männer (49%) und Frauen (56%) waren 2019 körperlich inaktiv. Bei Frauen war der entsprechende Anteil in 2007 und 2014 noch höher (57% bzw. 58%), bei Männern hingegen in 2007 mit 45% etwas niedriger, und in 2014 mit 52% höher.

Die Zahlen im Zeitverlauf bestätigen den gesellschaftlichen Diskurs, dass Übergewicht- und Hochgewicht in der Gesellschaft zunehmen, sowohl Frauen als auch Männer nehmen zu. In Zukunft wird es einen differenzierten Blick brauchen, inwieweit bzw. ab wann Mehrgewicht tatsächlich zu einem gesundheitlichen Risikofaktor wird bzw. inwieweit zusätzliche Lebensstilfaktoren, wie zum Beispiel Bewegung direkt in Bezug gesetzt werden sollten. Über-/Hochgewicht müssen weniger als individuelles Versagen, denn als gesellschaftliche Verantwortung verstanden werden. Diskriminierung wegen Über-/Hochgewicht gibt es auch im Gesundheitssystem, Frauen dürften von Diskriminierung – aufgrund allgemein strengerer Erwartungen in Bezug auf Körpernormen – stärker betroffen sein als Männer (vgl. Buchinger & Schaffer 2019).

In 2007 rauchten 20% der Frauen regelmäßig. In 2014 stieg der Anteil auf 32%, und sank wieder auf 18% in 2019. Bei den Männern stieg der Anteil zwischen 2007 und 2014 leicht von 30% auf 33%, und sank dann 2019 auf 28%. Das Rauchverhalten von Frauen zeigt im Zeitverlauf wesentlich stärkere Schwankungen als jenes der Männer, insbesondere die starke Abnahme seit 2014 bräuchte eine ergänzende Analyse. Expert*innen berichten, dass das Rauchverhalten von Frauen und Männern sich angleicht, wobei Frauen weniger Zigaretten am Tag rauchen. Problematisch ist das Rauchverhalten von Frauen in der Schwangerschaft. Derzeit gibt es keine validen Daten zum Rauchverhalten von Schwangeren, allerdings gehen Schätzungen davon aus, dass ein Fünftel der Frauen raucht und/oder Alkohol zu sich nimmt und sowohl Frauen als auch Gesundheitspersonal unterschätzen, wie schädlich dies für das Ungeborene ist (vgl. Büro für Frauengesundheit und Gesundheitsziele 2021).

Bei 2% der Frauen und 7% der Männer wurde durch die Gesundheitsbefragung 2007 ein problematischer Alkoholkonsum festgestellt. Ein problematischer Alkoholkonsum wurde 2006/07 nach Definition der WHO (vgl. Nosikov/Gudex 2003) gemessen, wenn mindestens zwei der folgenden vier Fragen mit „Ja“ beantwortet wurden: „Haben Sie einmal das Gefühl gehabt, dass Sie Ihren Alkoholkonsum verringern sollten? Hat jemand Sie durch Kritisieren Ihres Alkoholkonsums ärgerlich gemacht? Haben Sie sich einmal schlecht oder schuldig gefühlt wegen Ihres Alkoholtrinkens? Haben Sie einmal morgens als Erstes Alkohol getrunken, um sich nervlich wieder ins Gleichgewicht zu bringen oder einen Kater loszuwerden?“. 2014 wurde bei Frauen der tägliche Alkoholkonsum mit mehr als 20 g reinen Alkohols, bei Männern mit mehr als 40 g erfasst – in 2014 waren 4% der Frauen und 7% der Männer betroffen. In 2019 wird der Alkoholkonsum ab einem Grenzwert von über 24g Alkohol für Männer und 16g Alkohol für Frauen als riskant bezeichnet. Als Konsum riskanter Alkoholtrinkmengen (Hazardous Alcohol Consumption – HAZ) wird ein Konsummuster bezeichnet, welches das Risiko von schädlichen Konsequenzen für die körperliche und psychische Gesundheit erhöht. Nach diesem Konzept erweisen 7% der Frauen und 15% der Männer einen riskanten Alkoholkonsum auf. Aufgrund der Diskontinuität der Konzepte in den Jahren 2007, 2014 und 2019 erlauben die oben angeführten Daten zum Alkoholkonsum keinen sinnvollen Zeitvergleich. Das Suchtmittelmonitoring der Stadt Wien weist auf wenig rezente Veränderungen hin, dass es aber nach wie vor große geschlechtsspezifische Unterschiede gibt und Frauen wesentlich weniger häufig trinken als Männer. Der Konsum nimmt mit zunehmenden Alter jedoch bei Frauen und Männern zu und die Gefährlichkeit von regelmäßigem, hohem Alkoholkonsum wird deutlich unterschätzt (vgl. Sucht- und Drogenkoordination Wien & IFES 2019).

Corona-Fokus 2021

Die Corona-Pandemie stellte das Gesundheitssystem vor Herausforderungen, dadurch sowie durch die weiteren gesetzten Maßnahmen zur Einschränkung der Pandemie war auch das Gesundheitsempfinden betroffen. Die Befragungen zur psychosozialen Situation der Wiener*innen zeigten, dass mehr als ein Drittel der befragten Frauen und Männer eine Verschlechterung der körperlichen Gesundheit erleben, mehr als die Hälfte nimmt keine Veränderung wahr während 6 bis 7% eine Verbesserung sieht. Während sich bei der körperlichen Gesundheit die Angaben von Frauen und Männern wenig unterscheiden, sehen Frauen im Bereich der psychischen Gesundheit eine weitaus größere Verschlechterung als Männer. Der Vergleich der Zeiträume 2020 und 2021 zeigt zudem einen Anstieg sowohl in der Verschlechterung der körperlichen Gesundheit von Frauen und Männern als auch der psychischen Gesundheit, insbesondere jener von Frauen von über einem Drittel in 2020 auf fast zwei Drittel in 2021.

Spezifische Symptome und Begleiterscheinungen der verschlechterten Gesundheit sind bei Frauen am häufigsten "Nervösität, Ängstlichkeit und Anspannung" sowie "Niedergeschlagenheit, Schwermut oder Hoffnungslosigkeit" und "wenig Interesse oder Freude an Ihren Tätigkeiten". Letzteres wird von Männern am häufigsten angegeben. Während fast die Hälfte der Frauen angibt "nicht in der Lage [zu] sein, Sorgen zu kontrollieren oder zu stoppen", trifft dies auf 39% der Männer zu. Der Vergleich von 2020 zu 2021 zeigt wiederum einen Anstieg aller Symptome an.

Erschöpfung, Unsicherheit und Einsamkeit sind weitere häufige Symptome. Unter den weiteren spezifischen Begleiterscheinungen betreffen Erschöpfung durch Mehrfachbelastung, Konflikte in der Familie und Unsicherheit Frauen stärker als Männer. Männer haben häufiger Alkohol oder andere Mittel zur Stimmungsverbesserung eingenommen und sich um 1% häufiger einsam gefühlt. Im Vorjahresvergleich stiegen die Häufigkeiten der erlebten Symptome und Begleiterscheinung merklich an.